Kürzlich war ich, wie schon häufiger, in einem fremden Land meiner Wahl unterwegs. Neben vielen anderen, interessanten Sachverhalten, fiel mir einer besonders auf. Es handelt sich um die aussterbende Berufsgruppe der Budenhocker. Der Begriff “Budenhocker” umschreibt all die jenigen Menschen, die zum Gelderwerb in engen Buden hocken und dort irgendetwas zum Verkauf anbieten. In Mitteleuropa sind Budenhocker überwiegend in Kiosken oder Imbissen zu finden. Das sind die zwei Hauptbuden, in denen gehockt wird. Schwimmbad- oder Kinokassen zählen nicht, denn eine Bude darf sich nur nennen, wo man permanent abhockt. Echte Buden bestehen aus einer DIN A4 grossen Standfläche, welche für den Budenhocker(gemeint ist hierbei der wirkliche, echte Hocker, die Sitzmöglichkeit) bestimmt ist. Der Verkäufer (Budenhocker) kann seine Tätigkeit entspannt aus dem Stand bewältigen. Sein Arbeitsplatz ist dirket vor, hinter, über und unter ihm. Dazwischen ist eine haudünne Schicht Luft, sie sorgt dafür, dass der Budenhocker in einem angenehmen Klima schaffen kann. Mit wenigen Handgriffen und Rumpfdrehungen versorgt uns der Budenhocker mit Zigaretten und Bratwurst. Soviel zu den hiesigen Buden. In anderen, östlichen und südöstlichen Ländern gibt es nach wie vor den Beruf der Billettenverkäuferin, eine besondere Form der Budenhockerei. Obwohl Automaten diesen Beruf zum Aussterben drängen, kann man die Verkaufsdamen in ihren engen Buden noch mancherorts bei ihrer Verkaufstätigkeit bestaunen. Die (z.B.) rumänische Billettenverkäuferin unterscheidet sich hierbei von der deutschen Budenhockerin. Die rumänische Bude ist deutlich minimalistischer gestaltet. Um ihre Tätigkeit zu erfüllen, stülpt sich die rumänische Verkäuferin einen Blechkanister über, welcher sich an ihre schmalen Schultern und Hüften schmiegt. Über ihrem Kopf ist ein Dach aus Wellblech installiert. Die Bude ist mit mehreren Schichten Lack gestrichen. Will der Lack vom Blech blättern, wird eine Schicht Frischlack aufgetragen. Die Oberfläche des Blechs ist also nie uniform. Mit den Jahren fordert die Bude Raum. Aber Vorsicht!, zu viel Lack fördert das Abbröseln und Abblättern riesiger Lackbrocken. Sind die Brocken erst vom Blech droht Rostbildung und Blechfraß. Also heißt es: Lack drauf! Das Interieur besteht aus einem Hocker, einer Lade mit Kleingeld und einer Rolle Fahrkarten. Durch eine Luke, welche am vergitterten Fenster angebracht ist, verkaufen die Damen Billette von der Rolle. Aussenstehende, von den Billettenverkäuferinnen verächtlich Fahrgäste genannt, haben oft eine verklärte Vorstellung von dem Beruf der Billettenverkäuferin. Von wegen: den ganzen Tag sitzen und chillen! Die Arbeit ist nicht besonders abwechslungsreich und das lange Sitzen führt auf Dauer zu hängenden Hornhautlappen auf den Arschbacken, die einem die blickdichten Strumpfhosen aufschlitzen. Der Bewegungsmangel der Verkäuferinnen sorgt häufig dafür, dass die Buden schnell viel zu eng werden. Die Damen fordern Raum. Schon wieder eine Raumforderung. Die Folge sind Druckgeschwüre an Ellenbogen, Knien, Stirn und Hinterkopf. In extremen Fällen können die Damen ihre Buden gar nicht mehr verlassen. Dann werden sie entweder herausgeschweisst oder man baut um sie herum eine Postfiliale und gibt ihnen eine Anstellung als Postfilialschalter. Das wiederum führt zu burn out, weil die Verkäuferin nur Billette und keine Briefe kann. Ein negativer Aspekt für alle Budenhocker ist das Thema Ausscheidung. Entgegen populärer Meinung, müssen auch Budenverkäuferinnen früher oder später ein WC aufsuchen. Aber was tut man, wenn man kein WC hat? Einscheissen!? Leider ja! Durch die Hände der Billettenverkäuferinnen gehen die Münzen der unzähligen Fahrgäste. Diese Hände bürgen ein grosses Risiko, denn sie übertragen allerhand Krankheiten. Vor nichts fürchtet sich ein Budenhocker mehr, als vor einem Darmvirus. Viele Billettenverkäuferinnen sind nach einiger Zeit dialysepflichtig. Sie arbeiten nur noch halbtags. Nach einigen Stunden In-der-Bude-Hocken, werden sie an die Maschine angeschlossen, die ihnen die harnpflichtigen Substanzen aus dem Blut zieht. Sie erreichen damit Level Null auf der Lebensqualitätsskala. Auch unschön ist, dass die Billettenfrauen schon in jungen Jahren badetuchgrosse Thromben in den Beinen entwickeln, die dazu führen, dass die Beine bereits nach kurzer Berufstätigkeit entfernt werden müssen. Weg damit! Nicht nur körperlich ist der Job eine Tortur. Oft bringt der Kontakt zu den Fahrgästen die Verkäuferinnen an den Rand ihrer psychischen Belastbarkeit. Das vergitterte Glas vermag nur mäßig die unterschiedlichen Mundgerüche der Fahrgäste zurückhalten. Häufig müssen sie für Farhplanunstimmigkeiten und Verspätungen gerade stehen und sind dem Zorn des Pöbels fast schutzlos ausgesetzt.
Kein attraktiver Job also. Genau deshalb möchte ich Dich, lieber Leser, an dieser Stelle dazu auffordern respektvoll mit den Budenhockern und Billettenfrauen dieser Welt umzugehen. Hocker aller Länder, vereinigt euch!