herr frantz auf dem bockwurstplaneten

Herr Bogomil Frantz war ein Mensch, den man insgesamt als einen recht rational denkenden Zeitgenossen beschreiben konnte. An Überirdisches, Übersinnliche oder Übernatürliches glaubte er nicht und er hatte auch kein Verständnis für Leute, die dies taten.
Eines schönen Feierabends, er hatte soeben sein Tagwerk im Finanzamt Wernigerode vollbracht, machte er jedoch eine Begegnung der ganz besonderen Art.
Herr Frantz verließ wie üblich als letzter die Büroräumlichkeiten und hatte soeben die Tür des Finanzamts hinter sich zugeschlossen, als er bemerkte, dass ein unbekanntes Flugobjekt über seiner Halbglatze umherschwirrte.
Der Situation angemessen traute er seinen Augen nicht. Als echter Harzer war er einiges gewohnt, ein derartiges Flugobjekt war jedoch selbst für ihn ein Novum.
Es geschah also, was bei solch einer Zusammenkunft üblich bzw. unausweichlich war: Herr Frantz wurde wie von Geisterhand in das Flugobjekt befördert oder wie es in Fachsprache heißt: „gebeamt“.
An Bord des Ufos wurde der Finanzbeamte aus Mitteldeutschland freudig von einer Crew bestehend aus fünf übergroßen Bockwürsten empfangen.
Überaus erstaunt war Herr Frantz, als er von den Bockwürsten in deutscher Sprache begrüßt wurde. Dem Dialekt nach waren sie aus dem Raum Aue, dachte Herr Frantz, doch wurde er bald eines Besseren belehrt.
Denn die Bockwurstbande nahm ihn kurzum mit auf ihren Bockwurstplaneten, einem Ort am Rande des Universums, der den Menschen bisher unbekannt war.
Herr Frantz erhob umgehend Einspruch, doch vergebens.
„Zur Klärung eines Sachverhalts“ gab man ihm als Begründung, woraufhin sich der Entführte bereitwillig seinem Schicksal ergab.
Nach kurzer rektaler Untersuchung und nach Abschluss eines Tanzkurses „Lateinamerikanische Standardtänze“ (offensichtlich zur Belustigung der Bockwurstmännlein gedacht) wurde Herr Frantz von der Raumschiffcrew beglückwünscht und in die Freiheit entlassen.
Entgegen seinem Wunsch jedoch nicht auf den Planeten Erde, sondern direkt vor Ort, auf den Bockwurstplaneten.
Der Bockwurstplanet glich in etwa dem unsrigen, außer dass ausnahmslos alles aus Bockwurst bestand.
Wohin das Auge blickte, schaute es auf zerkleinerte, in Schweinedarm gepresste Wurstmasse.
Zum Essen gab es, wie sollte es anders sein, Bockwurst.
Bockwurst, Bockwurst, Bockwurst und dass rund um die Uhr und zu allen Mahlzeiten.
Des Weiteren gab es glücklicherweise all die Annehmlichkeiten, die der Neuankömmling von seinem Heimatplaneten kannte.
Es existierten Autos (aus Bockwurst) und Berufsverkehr, ein Steuersystem, eine Kanalisation, WLAN und zwei Religionen, die sich im Dauerclinch befanden. An dieser Stelle sollte erwähnt werden, dass es neben der Glaubensrichtung „Senf“ und „Ketchup“ noch einen nicht unerheblichen Anteil an Atheisten gab.
Für Herrn Frantz war allerdings klar: Sinn macht eine Bockwurst nur in Kombination mit Senf. Um nicht anzuecken, pflegte er jedoch seine Meinung für sich zu behalten.
Die Bockwurstmännchen hatten den Fremdling vom Planeten Erde bald ins Herz geschlossen.
Schnell erkannte man seine Qualitäten als Finanzfachmann und gab ihm einen entsprechend gut bezahlten Job in der Steuerverwaltung.
Bald schon galt Bogomil Frantz als integriert, fand Anschluss und sogar die Liebe seines Lebens.
Nie hätte er es für möglich gehalten, einmal ein romantisches Verhältnis zu einer überdimensionalen Bockwurst aufbauen zu können, geschweige denn diese zu ehelichen und drei Bockwurstkinder zu zeugen.
Das Leben auf dem Bockwurstplanet gefiel Herrn Frantz in besonderem Maße.
Er war hier glücklich. Die meiste Zeit jedenfalls.
Ab und zu aber kam es vor, dass ihm die Bockwurst sprichwörtlich zum Halse raushing.
Dann überkam ihn ein starkes Gefühl von Heimweh, eine unglaubliche Sehnsucht nach dem Harz.
Doch war es nicht etwa ein Stück Harzer Käse, nach dem er sich dann sehnte.
Nein, in solchen Momenten gelüstete es Herrn Frantz einzig und allein nach einer ordentlichen, knackigen, warmen Wiener.