Als der Verstand verteilt wurde

Kennen Sie das auch? Wenn man von irgendwem, irgendwo einen Spruch aufschnappt und dieser einem dann in den unpassendsten Momenten durch die Birne schwirrt?
Letztens geschah mir genau das.
Ich lauschte einem Dialog meiner Kollegen, welcher die mannigfaltigen fachlichen und menschlichen Unzulänglichkeiten irgendeines Vorgesetzten zum Thema hatte. Ich folgte dem Gespräch nur beiläufig, denn mir war schon länger klar, dass es sich bei diesem Vorgesetzten um einen Idioten handelt. Doch dann hörte ich einen Spruch, der sich tief in mein Gedächtnis grub und am Ende sogar fatale Folgen für mich haben sollte.
«Als der Verstand verteilt wurde, hat er ‘ne Kinderportion bestellt» war der Satz, der fiel und mein Leben seither nachhaltig veränderte.
Vielleicht nehmen Sie sich einen Moment Zeit und lassen sich den Spruch einmal durch den Kopf gehen. Sie müssen zugeben, dass auch Sie zu schmunzeln beginnen, nicht wahr?!
Mir ging an diesem Tage der Spruch noch das ein oder andere Mal durch den Kopf, mitunter in den unpassendsten Momenten. Zum Beispiel, als mir eine Kollegin vom Verschwinden ihrer Katze berichtete und ich plötzlich zu feixen begann. Nicht etwa, weil mich vermisste Katzen erheitern, sondern weil mir dieser blöde Spruch durch den Schädel wanderte. Alle Versuche der Dame dies glaubhaft zu machen, blieben erfolglos. Seither werde ich von ihr gehasst und gemieden.
Damit konnte ich umgehen.
Schlimmer war jedoch das, was kurz darauf passierte und mir nach wie vor Beschwerden macht.
Kurz vorm Feierabend bemerkte ich ein unangenehmes Zwicken in der Blasengegend, einen Drang, dem ich schnell nachkommen wollte.
Die Strecke von meinem Arbeitsplatz zum Herren-WC legte ich in Rekordzeit zurück. Das war nicht übertrieben, doch leider gibt es keine Zeugen, die Ihnen das bestätigen können.
Vor der Türe zu meinem Sehnsuchtsort wurde ich jedoch abrupt ausgebremst. «Besetzt», tönte es von der anderen Seite, als ich mit aller Kraft an der Klinke rüttelte und zog. Und dann sah ich es plötzlich auch, denn roten Balken vor meiner Nase, der mir verriet, dass der Typ hinter der Türe recht hatte.
Ich wartete, ich wartete lang.
Es war bereits einige Zeit vergangen und ich stellte mir vor, welche Gerüche mich wohl hinter der Türe erwarten würden. Nicht besonders einladend, doch der Drang war groß und mir somit alles recht.
Als die Türe endlich aufgestoßen wurde, war da kein geringerer als der inkompetenten Vorgesetzten aus dem Gespräch meiner Kollegen. Er nickte mir zu und zog, an seinem Hosenlatz nestelnd, eilig von dannen.
Ganz zu meiner Verwunderung roch es auch dem WC nach nichts. Neutral, kein besonderer Geruch von was auch immer. Nicht schlecht, dachte ich mir und wollte mich nun ganz der Blasenentleerung hingeben. In so einem geruchsneutralen Raum ging das nämlich besonders gut. Nach wenigen Sekunden verspürte ich bereits Erleichterung. Plötzlich kam mir der Vorgesetzte in den Sinn, mein Vorgänger, der ja bekanntermaßen die Kinderportion Verstand bestellt hatte, und dann passierte auch schon das Unglück.
«Als der Verstand verteilt wurde, hat er ‘ne Kinderportion bestellt», fiel mir plötzlich wieder ein und ich konnte es nicht mehr zurückhalten. Nicht den Urin oder irgendeine andere Flüssigkeit, zumal meine Blase nun fast leer war, nein, ein Gelächter brach lautstark aus mir heraus. Erst nur ein zartes Feixen und kurz darauf ein zügelloses Gewieher, wie es in seiner Art beim Menschen nur selten zu vernehmen ist. Mit dem Glied und dem Strahl in den Fingern und einem animalischen Getöse aus dem Halse stand ich vor dem Porzellan und rang um Fassung. Vergebens.
Mein Körper bebte, die Arme versagten, mein Schließmuskel verkrampfte und ich verlor die Kontrolle über meine unteren Extremitäten. Wie ein nasser Sack Lachbohnen fiel ich in mich zusammen. Auf halber Strecke schlug ich mit dem Gesicht auf der Kloschüssel auf. Mein Jochbein hatte aus ihr einen großen Teil Porzellan ausgeschlagen, sodass der Schüsselinhalt sich über mich ergoss. Ich verlor das Bewusstsein und einige Deziliter Blut.
Zu meinem Glück hatte ein Kollege, der gerade am WC vorbeilief, den dumpfen Schlag und das Wasser, welches unter der Tür hervor floss, bemerkt und Hilfe geholt.
Man befreite mich also aus meiner misslichen Lage. Bei meiner Bergung fand man mich ohne Bewusstsein, jedoch blöde grinsend vor.
Kaum, dass ich wieder voll bei mir war und man die Platzwunde in meinem Gesicht geflickt hatte, eilte erneut der Spruch durch meine malträtierte Rübe. Auf der Notfallstation brach ich in derart überschäumendes Gelächter aus, dass man mir Beruhigungsmittel intravenös verabreichen musste. Die gewünschte Wirkung verflog jedoch sehr schnell und bald war ich wieder so weit und lachte Tränen. Ich bekam sogar Schluckauf, einen von der schlimmen Sorte, der tagelang anhält.
In der Notaufnahme musste man schnell feststellen, dass mir hier nicht mehr zu helfen war. Ich brauchte einen Spezialisten, und den gab es nur in der Psychiatrie.
Seit drei Monaten schon befinde ich mich nun in der psychiatrischen Klinik unserer Stadt, in der Betreuung von Dr. Fritsche.
Eigentliche gefiel es mir hier gar nicht mal schlecht. Ich bekam drei Mahlzeiten, konnte schlafen, wann immer und so viel ich wollte und drei Mal die Woche gab es einen Kochkurs. Außerdem nahm ich am Schwimmkurs und an der Wandergruppe teil. Körperlich war ich in Topform.
Psychisch ging es mir allerdings nicht immer so gut, denn ich wurde immer einsamer. Meine Frau kam nur noch selten zu Besuch und auch meine Freunde wollten nichts mehr mit mir zu tun haben. Woran das lag, konnte ich mir nicht erklären. Vielleicht, weil sie, als der Verstand verteilt wurde, die Kinderportion bestellt hatten. Bei dem Gedanken brach es erneut aus mir heraus.
Und wenn es aus mir herausbrach, dauert es meist nicht lange und Mirko und Heiko kamen vorbei und sorgten dafür, dass ich mich schnell wieder beruhigte.
Am Anfang hatte ich noch bis zu zehn Anfälle am Tag, doch Dr. Fritsche änderte das recht bald.
Menschen wie mich kannte er sehr gut, erklärte er mir einmal bei einem Vier-Augen-Gespräch. Dank seiner langjährigen Erfahrung schaffte er es, dass mich meine Anfälle nur noch ganz selten plagten. Seit einigen Tagen war ich sogar anfallsfrei. Darauf war ich stolz.
Letztens meinte er sogar bei einem unserer vielen Gespräche, dass es wohl so langsam an der Zeit wäre, mich aus der Anstalt zu entlassen.
Mit dem Gedanken konnte ich mich nicht so recht anfreunden, hatte ich mich doch an den Sport, die Mahlzeiten und das Bettchen gewöhnt.
Ich beugte mich also über seinen großen Schreibtisch, blickte ihm tief in die Augen und sagt mit einem Lächeln auf den Lippen: «Als der Verstand verteilt wurde, haben Sie wohl die Kinderportion bestellt.»

Dr. Sack erklärt komplexe Sachverhalte

Nanoplastik und das Ende der Menschheit

Um die Menschheit und ihren Fortbestand auf unserer Erde ist es schlecht bestellt. Das ist so weit nichts Neues. Was mir und sicher bald auch Ihnen Kummer bereitet, ist eine Ende Januar diesen Jahres publizierte Studie, in der von Nanoplastik die Rede ist, welches die Alpen beschneit. Dieses Nanoplastik rieselt nicht nur über den Alpen nieder, doch dort hatte man sich den gefallenen Schnee etwas genauer angeschaut und festgestellt: alles voller winzig kleiner Plastikpartikeln! Schluss mit Postkartenidylle und Bergromantik! Alles überzogen mit einem halbtransparenten Kunststofffilm. Nun, so schlimm ist es scheinbar nicht …
Es ist schlimmer, denn die Gefahr ist unsichtbar! So wie Kohlendioxid. Dieses Treibhausgas sieht man zwar nicht, aber die Auswirkungen eines jahrzehntelang ungezügelten Ausstoßes sind dennoch gut sichtbar. In Form von Klimakatastrophen, steigende Meeresspiegel, schmelzende Gletscher und so weiter. Sie wissen, was ich meine.
Dem Kohlendioxidausstoß hat man unlängst den Kampf angesagt, weil man dem Klimawandel den Kampf angesagt hat. Zaghaft zwar, aber besser spät als nie.
Während wir den Klimawandel mithilfe von Tesla (Grünheide, Brandenburg) stoppen, findet ein anderes Umweltproblem kaum Beachtung. Nämlich Plastik, welches sich mittlerweile überall befindet. Im Boden, im Meer, in der Luft und auch in uns.
Ok, ich gebe zu, es stimmt nicht ganz, denn der ein oder andere fordert schon lange Plastik ein für alle Mal zu verbannen, denn es gibt bereits genug davon, im Ozean zum Beispiel. Selbst die EU war kürzlich ein wenig besorgt und kurz darauf nicht untätig und verbot Plastiktrinkhalme.
War das Problem damit vom Tisch? Würde man bald wieder auf den Grund des Marianengraben sehen können, so klar und trinkhalmfrei, wie die Meere nun bald werden sollten? Natürlich nicht!
Für Mikro-, Ozean- oder Beachplastik gibt es ein gewisses Bewusstsein. Ein gewisses Schuldgefühl, was gelegentlich im selbstreflektierten Weltbürger aufkeimt. Dieser Bürger, der die Schuld an dem ganzen Elend trägt, weil er der Welten Sinn nur noch im Konsum zu finden weiß. Und weil er sich bewusst ist, dass die Folgen des Konsums nur durch Konsum bekämpft werden können, hat er die Lösung bereits parat.
Was kann denn der Einzelne schon tun, gegen die Vermüllung der Gewässer, der Meere und Ozeane?
Konsumieren! Und zwar: Turnschuhe!
Ein Sportartikelproduzent aus Herzogenaurach hatte vor einiger Zeit die (umwelt-)rettende Idee. Neuerdings bietet dieser nämlich Turnschuhe an, die aus recyceltem Ozeanplastik zusammengeklebt wurden. Wenn die Menschheit also nun genug dieser Schuhe kauft, sollte das Plastikproblem im Ozean bald der Vergangenheit angehören. Bald schon schwimmt nicht mehr das Plastik in der stinkenden Plörre der Weltmeere, sondern unser aller Füße in stinkenden Plastikbotten.
Ein Problem weniger.
Doch was soll man nun von diesem Nanoplastik halten, was da von ganz oben auf uns herabschwebt, rieselt oder regnet?
Was da letztens im Alpenschnee gefunden wurde, ist so klein, dass wir es einatmen können. So viel steht fest. Das wir Mikroplastik über unsere Nahrung aufnehmen, ist nicht neu.
Die Menge an Kunststoff, die wir wöchentlich konsumieren, entspricht ungefähr der Größe einer Kreditkarte. Ja, schauen Sie doch einfach mal in Ihr Portemonnaie! Die Größe einer Kreditkarte und das schmecken Sie noch nicht mal!
Diese Kreditkarte wandert unbemerkt durch den Verdauungstrakt und nimmt am Ende den gleichen Ausgang wie alles, was Sie sonst noch so da oben reinschieben. Achten Sie mal drauf!
Über unsere Nahrung nehmen wir also bereits Mikroplastik zu uns.
Wie war das nun mit dem Nanoplastik? Man kann die Partikel einatmen und deshalb wird die Sache für uns gefährlich.
Die feinen, kleinen Kunststoffpartikel, die über die Luft in unsere Lungen gelangen, können bei entsprechender Größe problemlos in den Blutkreislauf übertreten.
Ist das Plastik einmal in das Gefäßsystem gedrungen, kann es sich nach Belieben festsetzen. Und zwar in den feinen Haargefäßen, wo normalerweise der Gasaustausch stattfindet. So verstopft es die Gefäße und lagert sich in den Nieren, in der Lunge, dem Herzen, aber auch im Gehirn und nicht zu vergessen dem Penis ab. Hat es sich erst mal an einem Ort in unserem Körper angereichert, wird man es genau wie das Plastik der Ozeane so schnell nicht mehr los. Es sitzt an Ort und Stelle und behindert die so wichtige Blutzirkulation. In der Folge kommt es zu Ischämien, zu Gefäßverschlüssen, die dazu führen, dass Gewebe abstirbt. So wird aus dem Raucherbein das Plastikbein.
Spätestens wenn dem Manne das nekrotische Glied in Dürrobstform durch den Schlüpfer baumelt, wird die Sache also heikel.
Nur ist es dann vermutlich schon zu spät.
Aber nicht allein die verstopften Blutgefäße werden für den Menschen zum Problem. Schließlich ist Plastik auch krebserregend und hat eine hormonelle Wirkung auf den menschlichen Organismus. Bis der Mensch jedoch seinen von Geschlechtsteilen und Karzinomen überwucherten Leib als störend empfinden kann, wird er zu dumm, zu kurzatmig, zu impotent und zu niereninsuffizient sein, als dass er Handlungsbedarf erkennen könnte.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die wichtigen Organe verkleistert sind und der Mensch das Zeitliche segnet. Traurig, aber wahr.
Das Ende der Menschheit steht also kurz bevor und wir können nichts dagegen tun. Schuld daran ist unter anderem die ungünstige Reproduktionsstrategie des Menschen. Bei entsprechender Belastung mit Nanoplastik wird er das Alter der Geschlechtsreife nicht erreichen können, weil er noch vor der ersten Ovulation, vor dem ersten Samenerguss dem Plastikpfropf erlegen ist. Es dauert nicht lang und der Mensch stirbt aus.
Das Zeitalter der Schnell-Reproduzierer bricht an. Würmer, Käfer, Fliegen und Mäuse. All dieses Krabbeltier, was zum heutigen Lebensstandard unserer Wohlstandsgesellschaft nur einen geringen Beitrag geleistet hat. Diese Lebewesen werden es sein, die in Zukunft den Erdball beherrschen werden. Aus dem einfachen Grunde, weil sie sich vor der Plastikischämie fortzupflanzen wissen.
Die Erdoberfläche wird übersäht sein mit plastifizierten Menschenkadavern durch die Maden, Würmer und Feldmäuse kreuchen und fleuchen. Die Erde atmet endlich auf.
Keiner muss nun mehr Tesla fahren oder Turnschuhe aus Ozeanplastik kaufen, denn die einzigen Lebewesen, für die der Klimawandel und Makro-, Mikro- oder Nanoplastik noch von Interesse sein könnte, interessiert das alles nicht. Sie werden gezeugt, sie werden geboren, sie zeugen wiederum und sterben, ohne dass all unsere heutigen Probleme für diese Lebewesen irgendeine Relevanz haben könnten. Atmen Sie also noch mal tief ein! Wer weiß, wie lange Sie es noch können?