taxi opitz

46 lange Jahre hatte Herr Opitz aus Seiffen tagein tagaus Schwibbögen produziert, als er beschloss, seine Karriere oder mit anderen Worten die Laubsäge an den Nagel zu hängen.
Eigentlich war nun so langsam die Zeit gekommen, den wohlverdienten Ruhestand einzuleiten, doch Herr Opitz hatte andere Pläne.
Nachdem er sein gesamtes Arbeitsleben treu im Dienste der Holzschnitzkunst geschafft hatte, beschloss er endlich seinen Kindheitstraum zu verwirklichen.
Seit er denken konnte, wollte Herr Opitz ein Taxi sein. Personenbeförderung, das war es, wovon er sich Erfüllung versprach. Und endlich war es so weit.
Herrn Opitz’ Beschluss stand fest. So fest, dass selbst seine Frau ihn nicht mehr davon abhalten konnte.
Zuerst besorgte er sich ein Taxischild, ein beleuchtetes, eins wo man das Licht anschalten konnte, damit die potenziellen Fahrgäste sahen, wenn er frei war. Außerdem ließ er sich einen Pullover mit der Aufschrift «Taxi Opitz» drucken.
Er zog sich den Pulli über, klebte sich das Schild auf den Kopf und begann die Taxistände im gesamten Erzgebirge nach Kunden abzuklappern.
Das Geschäft lief allerdings lange Zeit nicht so recht.
Vom vielen Stehen bekam er Knie- und Rückenschmerzen, vor lauter Langeweile begann er fürchterlich viel zu rauchen, so viel, dass ihm mitunter davon schwindelig wurde.
Zum Glück aber nahte die Weihnachtszeit und die Weihnachtsmärkte im Erzgebirge zogen unzählige Besucher von nah und fern an.
Taxi Opitz wurde schnell lukrativ.
Hohe Spritpreise waren ihm egal und solange ihm seine Frau ausreichend «Bemmen» mitgab, konnte er von morgens bis abends und sogar die ganze Nacht durcharbeiten.
Zuverlässig chauffierte er seine Gäste von A nach Z, z. B. von Aue nach Zwönitz.
Die Kunden mochten es, wenn sie Herrn Opitz huckepack nahm und sie sich an seinen kuscheligen Baumwollpulli schmiegen konnten. Wenn es regnete, hatte er einen Schirm parat und nicht selten wurden die Reisenden durch das Hin- und Herschaukeln seiner Schritte in den Schlaf gewogen.
Herr Opitz liebte es, Taxi zu sein.
Selbst als ihm mal ein betrunkener Kerl aus Chemnitz in die linke Gesäßtasche gekotzt hatte, brachte er diesen sicher und rechtzeitig, und zwar noch bevor dessen Ehefrau von der Spätschicht zurückkam, nach Hause.
Er beförderte seine Kunden bis nach Dresden und in seltenen Fällen sogar über die Grenzen des Freistaats hinaus.
Einen Gast hatte er sogar mal bis nach Ústí nad Labem transportiert. Einen Tschechen, der, wie sich schnell herausstellte, ebenfalls im Transportgewerbe tätig war, weswegen sich Herr Opitz extra ins Zeug gelegt hatte.
Herrn Opitz’ Traum war Wirklichkeit geworden und er war fest davon überzeugt, dass er der glücklichste Mensch im ganzen Erzgebirge war.
Und wenn Sie sich einmal im Erzgebirge befinden sollten und nicht wissen, wie sie von dort wieder wegkommen sollen, dann fragen Sie am besten nach Herrn Opitz, dem Taxi.

keine ahnung

Herr Meissner hatte keine Ahnung und das seit jeher. Solange er sich erinnern konnte, hatte er keine Ahnung gehabt. Ahnungslos, wie er war, blieb ihm deshalb nichts anderes übrig, als eine mittlere Beamtenlaufbahn einzuschlagen.
Hier waren die meisten ähnlich ahnungslos wie Herr Meissner, sodass er nicht auffiel.
Herr Meissner war verheiratet. Von der Ehe hatte er aber nur wenig bis gar keine Ahnung. Bald schon ging ihm die Ehefrau fremd, wovon er aber nichts mitbekam, denn er hatte ja, wie bereits erwähnt, keine Ahnung. Und Kinder hatte er. Drei an der Zahl. Die waren allerdings nicht von ihm. Von wem die Kinder waren, wussten alle, außer Herr Meissner, denn der hatte, wie man es von ihm erwartete, keine Ahnung.
Herr Meissner verstand nichts von Politik oder vom Zeitgeschehen.
Auch hatte er keine Ahnung von Fußball, Autos oder gar von Kultur. Das war nicht weiter schlimm, denn Herr Meissner war ein durch und durch zufriedener Mensch. Warum das so war, wusste er nicht, aber Sie können es sich vielleicht schon denken.